Universelle Qualitätsformel

Meiner Profession ist es zu verdanken, das ich aus Csikszentmihalyis Überlegungen zu Kreativität eine Universelle Qualitätsformel abgeleitet habe.

In der ISO 9000 (Definitionen zum Qualitätsmanagement) ist (in etwa) zu lesen:

„Qualität ist der Erfüllungsgrad von Anforderungen“

d.h. schlechte Qualität ist ein niedriger Erfüllungsgrad, gute Qualität ein hoher Erfüllungsgrad, soweit ist alles ganz einfach.

Komplex wird es erst wenn man die Frage stellt, was sind Anforderungen und wer stellt sie.

Hier sind in der Norm viele Fußnoten zu finden, auf einen Nenner gebracht werden die Anforderungen von den „interessierten Parteien“ gestellt und dass sind, neben dem Kunden (also dem Adressaten der Qualität) auch verschiedene Teile der Gesellschaft (Geldgeber stellen Gewinnanforderungen, Gesetzgeber stellen Gesetzesanforderungen, Anwohner (der Fabrikation) stellen Imageanforderungen und Umweltanforderungen usw.).

Meine universelle Qualitätsformel formuliert es nun so:

Qualität ist der Erfüllungsgrad von Anforderungen, die aus der Domäne (dem angestammten Fachbereich bei Cage also üblicherweise die Musik) oder der Kultur (der Domäne über allen Domänen) kommen.

So lassen sich Kunstwerke zwar einerseits in der Domäne (Kunst) beurteilen, jedoch kann mangelnde Kunstfertigkeit durch andere Kriterien wieder wett gemacht werden

Einfacher ausgedrückt: Fluxus und Happening erzeugen nicht notwendiger weise künstlerische Qualität an sich (also nach den „klassischen Kriterien“ der Domäne) sondern erhalten ihren künstlerischen Wert aus einer anderen Eben (der der Kultur). Irgendwann wird diese Anerkennung aus einer anderen Ebene dann aber wieder Teil der ursprünglichen Domäne.

In der Klassischen Bewertung von Kunst ist die „Schöpfungstiefe“ oder Schaffenstiefe ein wichtiges Thema, hier ist eine Forderung der Domäne (und der Kultur) das ein Kunstwerk „neu“ sein muss.

Dies führt schon seit der Antike immer wieder zu Sinnkrisen: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Alle Gedanken wurden schon gedacht. Das Thema ist ausgereizt usw.

Erst wenn aus der Ebene der Kultur neue Impulse dazu kamen, „entstanden auf einmal“ neue Ideenfelder, neue Kunstrichtungen und Gattungen.

Doch wie können wir uns eine Domäne vorstellen und was ist die Domäne der Kultur?

Im Patentverfahren wird ein „Eine technische Weiterentwicklung ist nur dann eine patentierbare Erfindung, wenn sie sich für „den durchschnittlichen Fachmann den gesamten Stand der Technik kennt“ (eine Rechtsfiktion, keine reale Person), nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.“ Es kann sogar noch weiter getrieben werden, denn der „Stand der Technik“ gibt nur wieder was auf der ganzen Welt normalerweise realisiert werden kann, der Stand der Wissenschaft geht noch einen Schritt weiter, hier ist auch enthalten, was irgendwo auf der Welt für realisierbar gehalten wird. Der „durchschnittliche Fachmann“ kennt alle Publikationen die zu seinem Thema irgendwann irgendwo veröffentlicht wurden.

Auf den Musiker übertragen, er kennt alle Melodien, Rhythmen usw. die jemals irgendwo auf der Welt veröffentlicht wurden, erst wenn jemand etwas erschaffen hat das diesem „Fachmann“ neu ist, dann kann es als neu gelten. So musste Cage wohl oder übel seine Entdeckungen außerhalb der bekannten Harmonien machen, da die zum damaligen Zeitpunkt bereits ausgereizt waren.

Manches davon wurde in der Domäne aber abgelehnt und musste dann über die Kultur als Qualität anerkannt werden. Die Kultur definiere ich als eine Domäne, die von allen Domänen weiß was über diese Domänen und ihrer Techniken jemals veröffentlicht wurde (also das was über die Philosophie, Musik, Sprache, Soziologie usw. bekannt sein sollte, die Genaue Kapazitätsgrenze habe ich noch nicht festgelegt … ich weiß nicht ob es nötig ist, das der „Kulturfachmann“ alle Publikationen auf allen Gebieten kennen muss ich vermute dass es da eine Abstufung geben kann … das führt aber hier zu weit), wenn nun festgestellt wird, das ein Werk zwar den Anforderungen der Domäne nicht genügt (also Künstlerisch „dilettantisch“ ausgeführt wurde), aber die Kulturdomäne die Arbeit trotzdem anerkennt (vielleicht bei den Ready Mades, den Tropfbildern oder ähnlichem) dann kann dies dazuführen, das die Kriterien der ursprünglichen Domäne verändert werden. Es kann aber auch umgekehrt, der Zeitgeist Arbeiten die den Qualitätskriterien der Domäne genügen abwerten und so ebenfalls die Kriterien der Domäne verändern. Beides würde von Thomas Kuhn wohl als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet werden.

Bei Cage können wir solche Veränderungen verfolgen. Doch wie er zukünftig gesehen werden?

Der Stein den die Baumeister verwarfen wird zum Eckstein“ oder aber der Eckstein wird entfernt weil er der neuen Straße im Weg ist.

2 Antworten zu „Universelle Qualitätsformel“

  1. […] würde hier wieder auf meine universelle Qualitätsformel verweisen. Die Beurteilung dessen, was als Kunst oder Kultur bezeichnet werden kann, ruht auf drei […]

  2. […] sind und das dann niemand mehr tolerieren wird … (diese Gedanken haben mich auf die Idee zur Universellen Qualitätsformel gebracht) und vielleicht wird die geistige Vaterschaft zu dieser Zeit ebenfalls keine wichtige […]

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