Glück – 20.08.2012

Der Sommer hält an und ich sitze im Garten, föhnwarme Luft zieht vorbei, teilweise drückend warm.

Ich wäre jetzt auf dem Rennsteig irgendwo Richtung Eisenach. Die OP ist gut verlaufen, bisher keine größeren Schwierigkeiten, ich bin nur etwas unbeweglich, was meinem Kreuz nicht so gut bekommt, es wird Zeit für eine Mobilisierung.

Die Gelegenheit ein paar Dinge zu ordnen die ich länger in der Schublade hatte hab ich noch nicht wirklich genutzt, aber ich merke auch, das ich noch nicht so kann wie ich möchte, ich bin nicht grundlos krank geschrieben.

Die Frage für heute: Bin ich glücklich?

Wenn mich keiner fragt, dann weis ich was Glück ist. Sobald ich aber de Frage nach dem Glück höre beginnt die Verunsicherung, ist das den wirklich Glück?

Als ich 1991 von der Geschichte mit der Kuh las (im Ausstellungskatalog „John Cage und die Moderne. »Kunst als Grenzüberschreitung«“ Neue Pinakothek, München, 18.7. – 27.10.1991) konnte ich gar nichts damit anfangen, die Geschichte hat mich nur irritiert.

„Der Bauer verliert seine Kun. Er geht los um sie zu suchen. Nach langem Suchen findet er sie und packt sie am Schwanz. Müde von der Suche schläft er ein. Am nächsten Tag ist die Kuh weg. Er suchst sie wieder, gibt es auf und geht nach hause. Unterwegs trifft er schwer beladene Menschen. Er wird immer fröhlicher, ist unbeschwert.“ (Aus dem Gedächtnis)

Das ist so wie bei Hans im Glück. In unserem Märchen ist er einfälltig, versteht nicht welches Pech er hat … und ist vielleicht wegen dieser Einfalt besonders glücklich.

Der Bauer ist nicht einfältig, obwohl man das am Schluss ja gar nicht mehr sagen kann. Cage meinte: „Wenn wir wüßten (verinnerlichten), dass wir nichts besitzen, wäre alles Poesie.“

Und tatsächlich beschreibt die Geschichte für mich mittlerweile den künstlerischen Prozess, die Kreativitä und das Leben an sich. Beschreibt es viel besser als unser westliches Besitzstreben. Was kann ich ins Jenseits mit nehmen? Das fragt sich schon Hoffmannsthal in Jedermann. Doch wie sieht es im Diesseits aus? Was ist unser Besitz?

Ich kann meine Werke nicht besitzen, ich kann nur eine zeitlang über ihre Nutzung bestimmen, späterstens nach meinem Tod hab ich keine Kontrolle mehr darüber. Meine Gedanken sind gedacht und in diesem Moment schon wieder vergessen. Nur was sich ständig in den Vordergrund bringt bleibt … bleibt solange es da ist und ist vergangen sobald es nicht mehr da ist.

Musik in Form von Konserven oder Notation erzeugt die Illusion der Unvergänglichkeit, es scheint uns der konstruierte, vielfach geübte und über Generationen entwickelte Augenblick so viel wertvoller als der Augenblick den wir gerade erleben. Warum? Das Authentische im Konstruierten zu finden ist doch viel schwerer, je perfekter es uns erscheint.

Glen Gould, lästerte über Mozart (vielleicht auch als Fachidiot) und wollte die reine perfekte Aufnahme von Bach und Beethoven erreichen. Wozu? Es sind ganz nette Aufnahmen geworden, aber gültig für immer? Da ist zu viel Zeitgeist drin … „to much thinking of the wrong kind“ hätte Cage vermutlich gesagt. Welche „Denken de falschen Art“ meinte er? Für ihn war „falsch“ alles was der Darstellung einer Person dient, das was „tricki“ also konstruiert ist, das was vom Eigentlichen ablenkt. Für ihn galt: Musik ist hier und jetzt und wird von dem gemacht der es macht und nichts darüber. Es ist gut wenn der Spieler kann was er machen möchte, aber er erhält keine Lob oder keinen Orden für sein tage-,monate-. jahrelanges üben, nichts davon kann er mit nehmen, ausser das was er mitnehmen kann in seienen Fähigkeiten. Diese Fähigkeit ist das Ziel, nicht das üben. Künstler die für das Üben gelobt werden wollen, für ihre trickreichen Ideen und Verknotungen, verkennen, das wir nichts besitzen …

wir können vielleicht, aber selbst dieses Können können wir nicht ins Jenseits retten. Es sollte uns da her nicht zu falschem Besitzerstolz verleiten, sondern eher zur Freude darüber, das die Fähigkeit und die Aufgabe so gut zusammen passen. In Cages weit getreibener Philosophie: Wir können uns über den Alltagslärm genau so freuen, wie über „schön komponierte“ Musik, die Fähigkeit zu hören ist in beiden Fällen genau die Gleiche. Ich kann sie an Kompositionen üben, das mag sein, ich kann mich auf wohl präperiertes Freuen, aber besser wird das Erlebnis nicht unbedingt, bzw. nur dann wenn ich es für besser halte. Cage hat das zum Extrem getrieben. Es schadet nicht zumindest darüber nach zu denken.

Und das Glück? Ja jetzt wo ihr mich fragt, weiß ich es wieder nicht …

—-

Diesmal ist die Frage keine, oder doch? Sag Dir einfach: Keine Fragen mehr, lebe!

Post a Comment

Your email is never published nor shared.