Dil(l)et(t)anten und Eudaimonia

„Eudaimonia ist ein in der praktischen Philosophie häufig gebrauchter Begriff, der ursprünglich (etwa bei Aristoteles) das Gedeihen oder Gelingen (der Lebensführung) bezeichnet. Mittelbar wird der Begriff mit Glückseligkeit und seelischem Wohlbefinden verbunden.“ sagt Wiki und Drs. Erlinger aus dem SZ-Magazin greift es auf: „… man sollte, wenn es einem gut geht, andere daran teilhaben lassen. Aber nicht mit dem Ziel, dass es einem selbst schlechter geht, sondern anderen auch gut. Das kann die Freude am Leben sogar noch steigern.“

Ein paar Seiten später: „Nicht nur die Piraten erregen Aufmerksamkeit mit unbeschwerter Euphorie und Mut zum Experiment, auch in Wirtschat und Wissenachft gewinnen die Quereinsteiger an Einfluss – und zwingen uns zu neuem Denken: Willkommen im Zeitalter der Dilettanten!“ (A. Bernard und T. Krause)

Die beiden Autoren „sind sich nach diesem Artikel endlich sicher, wie man das Wort ‚Dilet-
tant‘ schreibt.“

Und über die „Genialen Dilletanten“ schreiben sie, dass deren Motto seit dreißig Jahren lautet: „Fehler gehören zum Konzept“

„Ein Dilettant (italienisch dilettare aus lateinisch delectare „sich erfreuen“) ist ein Nicht-Fachmann, Amateur oder Laie. Der Dilettant übt eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus privatem Interesse oder zum Vergnügen.

Dabei mag er durchaus vollendete Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt haben. Solange er aber die Tätigkeit nicht professionell ausübt, um also seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder eine entsprechende, anerkannte Ausbildung absolviert hat, gilt er als Dilettant.

In der heutigen Umgangssprache wird der Begriff meist negativ wertend verwendet, wenn eine Tätigkeit unfachmännisch, unsachgemäß, fehlerhaft, stümperhaft, oberflächlich, somit dilettantisch ausgeführt wurde.“ weis Wiki

Ist das nicht die Geschichtsschreibung der Herrschenden?

Nun ja, der Dandy „Die Niederungen anstrengender Erwerbsarbeit passen hingegen nicht zum großstädtischen, blasierten, echten Dandy.“ und sein Amateurstatus taugt eigentlich nicht für eine Massenbewegung.

Doch wie ist es mit einem Dilettanten-Staat regiert, oder besser administriert von den Piraten?

„Wer des Staates nicht bedürfe, sei „entweder ein Tier oder ein Gott““ Wiki über Aristoteles

„Nur die Götter gehen zu Grunde, wenn wir endlich gottlos sind“ meine Konstantin Wecker

Kein Gott, kein Staat – Zen – und das Ziel im hier und jetzt Glück zu finden „Nichi nichi kore ko nich

Kann es funktionieren?

Oder hätte Cage die Aufführung seines Stücks eine Lehre sein sollen:

Die Musiker hatten Mikrophone an den Ärmeln die die Geräusche des Spiels übertragen sollten … es wurde darauf herum geklopft, die Musiker spielten lustlos und quatschen zwischen durch in die Mikrophone …

Ich erkannte das ich es nicht mit lauter Buddhas zu tun hatte…

Also doch ein Staat und eine Relgion für die die ihrer bedürfen?

Verrückt ist nur, das die Dilettanten (im Artikel wird von „Bio-Hackern“ berichtet die auf eigene Faust ein Gentechniklabor eingerichtet haben) neben dem Klassischen Feindbild des Feuilleton nun über die Hintertür zum Hofnungsschimmer einer in der Bürokratie erstarten Wissenschaft, Wirtschaft und Politik angesehen werden.

Dazu ein Großzitat von Konstantin Wecker aus dem Album Zeitlos:

„Es sind nicht immer die Lauten stark,
nur weil sie lautstark sind.
Es gibt so viele, denen das Leben
ganz leise viel echter gelingt.

Die stehen nicht auf Bühnen, füllen keine Feuilletons.
die kämpfen auf schwereren Plätzen.
Die müssen zum Beispiel in Großraumbüros
sich der Unmenschlichkeit widersetzen.

Die schützt kein Programm, kein Modedesign.
Die tragen an sich etwas schwerer.
Die wollen ganz einfach nur anständig sein
und brauchen keine Belehrer.

Die schreiben nie Lieder.
Die sind Melodie.
So aufrecht zu gehen,
lerne ich nie.“

Genug der Readymades

Anzumerken bleibt noch, dass es ein ungelöstes Problem gibt:

Regeldiktat, wie z.B. Rechtschreibung mit einer dogmengebenden Instanz wie dem Duden (unter dem ich sehr zu leiden hatte) und Unverständlichkeit, wenn ein ganzes Universum an Verbindungen mitzubedenken ist, sind beide nicht wirklich erstrebenswert.

Den Dilettant schützt kein Programm, kein Curiculum, keine Exzellenz-Initiative, er muss „es aus eigener Kraft schaffen“… was muss er schaffen? Kann ein kauziger Kulturpesimist (also der typische Feuilleton) als natürlicher Feind der ungezwungen Lebensfreude etwas vom Dilettanten verstehen.

Wenn Thomas Mann großkotzig sagt: „Nur ein Genie kann ein Genie beurteilen“ kann man dann nicht auch sagen nur ein Dilettant kann einen Dilettanten beurteilen?

Erstaunlich ist, dass man bei alledem vermuten müsste Cage wäre ein dionysischer Typ …

es steht für mich im Widerspruch, dass er so durch und durch apollinisch gegen Apollon wettert …

liegt es daran, dass das apollinische Orakel nicht von Sterblichen gesehen werden kann und selbst der apollinischte Mensch keine wirkliche Vorstellung davon hat (so meinte Platon: das was er (Aer, Sohn des Armenius) gesehen hatte war das dionysische Orakel, da Apollon nichts mit der Nacht gemein habe)?

Cage ist eine Art „Profi-Dilettant“ und damit das Gegenteil von allem, auch von der sogenannten „digitalen Boheme„, die ja eher Dilettanten-Profis sind. Cage wollte mit professionellem Herangehen dilettantische Lebensfreude die gleichzeitig nicht in ein dionysisches Gelage mündet (vergl. Pollock)

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